top of page
AutorenbildMartin Döhring

Über eine bereits erfolgte Strafrechtsdebatte

Vor einigen Jahren in der #Groko I war der aktuelle Außenminister, Herr Heiko Maas, Justizminister.

Ich fand es bemerkenswert, dass er damals in Medienberichten (ntv) eine Debatte zum §211 StGB angestoßen hatte. Der Paragraph 211 vom Strafgesetzbuch ist der Mordparagraph.

Herr Maas sagte, Juristen seien dafür, den bisherigen Paragraphen 211 StGB abzuschaffen. Die Begründung sei, dieser #Paragraph stamme aus der Nazizeit. Ich bin zwar kein Jurist, meine aber gelesen zu haben, dass Gesetze aus der Nazizeit von 1933 bis 1945 unter anderem gemäß Artikel 139 Grundgesetz ungültig sind. Gesetze aus dieser Zeit müssen einer formalen #Entnazifizierung unterzogen werden, und einen diesbezüglichen Vermerk tragen, damit sie weiterhin gültig sein können.

Es ist natürlich nicht an mir darüber zu befinden, ob dieser Sachverhalt so ist.

Es wäre sensationell, wenn alle Mordurteile aufgehoben werden müssten, weil das Gesetz ungültig ist.

Allerdings habe ich einen bekannten Juristen gefragt, der mir sagte, der aktuelle §211 StGB sei aus der großen Strafrechtsreform der 60er Jahre. Ein alter Text des damaligen Mordparagraphen in einem #Strafgesetzbuch von 1943, welches ich einsehen konnte, war komplett anders.

Herr Maas legte leider keinen Entwurf für eine Gesetzesreform des §211 StGB vor.

Er führte allerdings aus, dass die „niedrigen Beweggründe“ subjektiv seien. Ich selbst kann mir allerdings vorstellen, dass allein der Vorsatz jemanden umzubringen, natürlich bereits ein niedriger Beweggrund ist. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist nach dem Gesetzestext die Heimtücke. Wenn ich also jemandem ohne sein Wissen heimlich ein garantiert tödliches Gift verabreiche wäre dies wohl heimtückisch.

Grundsätzlich seien aber auch „höhere Motive“, wie z.B. bei politisch motivierten Aktionen denkbar. Bekanntes Beispiel ist der Tyrannenmord. Hätte das Unternehmen #Walküre von Stauffenberg Erfolg gehabt, wäre er womöglich straffrei davongekommen. Im 18.Jahrhundert in Schweden hatte ein Adliger einen Königsmord verübt und war danach gern gesehener Gast auf Gesellschaften, dies nur als ein historisches Beispiel.

Mord ist eine Vorsatzstraftat. Einen „fahrlässigen #Mord“ gibt es meines Erachtens nicht.

Wenn ich nun dieser Argumentation folge, dann könnte ein „edles Motiv“, etwa Staatsräson, bedeuten, dass ein wesentliches Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt wurde, mithin §211 StGB bei einem Tötungsdelikt nicht greift. Mord verjährt nicht. Aber ein geringes Tötungsdelikt, wie etwa #Totschlag nach §212 StGB könnte verjähren. Dies berührt dann natürlich auch die Beihilfe zu einem Tötungsdelikt im Sinne von §25 StGB (dazu der Bundesgerichtshof unter BGH 2 StR 246/16 2016 LG Aachen zur sogenannten Übernahme der Tatherrschaft und Abgrenzung).

Einige hatten sich möglicherweise beim Beginn der Debatte bereits auf die Aufhebung von Strafurteilen gefreut. Bei einer bloßen Reform des bisherigen Gesetzes würden die bisherigen Strafurteile allerdings bestehen bleiben, ähnlich wie nach der Abschaffung von §175 StGB Homosexualität zwar nicht mehr strafbar ist, bereits erfolgte Strafurteile aber erstmal im Bestand rechtskräftig blieben.

Mir ist der Anlass nicht klar geworden, warum Herr Maas damals diese Debatte quasi aus dem off angestoßen hatte.

Möglicherweise hatte er sich damit angeboten, bei etlichen bekannten Fällen die Deliktqualität zu senken, um diese Taten der Verjährung zu zuführen. Ich bin kein Jurist und kein Profi und will dies auch nicht vortäuschen. Meine Darstellung ist subjektiv und kann das Thema in diesen wenigen Zeilen nur anschneiden. Die Annahme „niedriger Beweggründe“ als Wertung könnte gemäß Art 124 GG ein Grund sein, warum §211 gegen gültiges Recht verstößt und damit ungültig ist. Art 19 GG Absatz 2 gibt eine Bestandsgarantie auf den Wesensgehalt der Grundrechte im Grundgesetz. Für die Gesetzgabe ist nun das Parlament nach Art 122 GG zuständig. Ausnahme ist Art 23 GG, welches hoheitliche Recht der EU überträgt, z.B. EMRK (europäische Menschenrechtskonvention) und Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.

Auch Art 25 GG setzt supranationales Recht, wie z. B. die internationale #Menschenrechtskonvention in Kraft. Neuere Inhalte wie der „#Migrationspakt“ können der Regierung eine Option bieten, gegen deutsches Recht Abschiebungen nicht vorzunehmen. Problematisch ist die Annahme Art 65 GG biete eine Rechtsgrundlage für ein Handeln vor einem parlamentarischen Beschluss. Sollte ein parlamentarischer Beschluss notwendig sein, müsste dieser vorher eingeholt und nicht im Nachhinein rechtfertigend, zum Beispiel bei der Mitwirkung an einer supranationalen Gesetzgebung. Ansonsten könnten Bürger auf die Idee kommen, es liege eine Situation gemäß Art 20 GG Absatz 4 vor.

Vorsichtig ausgedrückt ist ein beständiges Handeln in der Grauzone der Unschärfe nicht gerade Vertrauen erweckend. Die Debatte war öffentlich angestoßen worden, somit musste auch damit gerechnet werden, dass Bürger ihre Meinung dazu äußern. Art 5 GG bietet Bürgern die Möglichkeit auch bei der politischen Willensbildung mitzuwirken, etwa durch Wortbeiträge in sozialen Netzwerken. (C) Martin Döhring 2019

5 Ansichten1 Kommentar

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

1 Comment


Martin Döhring
Martin Döhring
Apr 06, 2019

Die Geschichte mit dem Böhmermann habe ich auch mitbekommen. Angeblich hat er Angela Merkel vors Verwaltungsgericht Berlin gezerrt. Sein Rechtsvertreter hat also Klage gegen die Bundeskanzlerin erhoben.

Der Inhalt der Klageschrift ist mir unbekannt, in den Medienberichten wurde nur das wiedergegeben, was in der causa Erdogan bereits veröffentlicht wurde.

Ich bin sicher auch ein Gegner von Frau "Merkel". Habe ich oft genug schon erzählt. Christ bin ich nicht, kein Sozialdemokrat, kein Grüner und kein Linker.

Like
bottom of page